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Mensch trifft Natur -- wandern im Yellowstone National Park

  • von Dagmar Grutzeck
  • 09 Apr., 2020
Blick ins Lamar Valley im Yellowstone National Park
Morgens um sechs im Lamar Valley im Yellowstone National Park
Es ist so wahr, wie es kitschig klingt: Wandern im Yellowstone Nationalpark berührt mein Herz und meine Seele ganz besonders. Warum ich diese Gegend so sehr mag? Weil sie mit grandioser Weite, zahlreichen Wildtieren und einsamen Wanderwegen aufwartet - wenn man weiß, wo dies abseits der touristischen Hotspots zu finden ist. Trotz profunder Einsamkeit in manchen Teilen des Parks ist der Homo Sapiens sehr präsent im geschützten Yellowstone-Ökosystem, was zu Konflikten zwischen Mensch und Natur führt.Sie müssen immer wieder neu ausbalanciert werden und stehen auch in Abhängigkeit zu den jeweiligen politischen Verhältnissen.  Dieser Beitrag gewährt einen Blick "hinter die Kulissen" und kann auch als eine Art Achtsamkeitstraining verstanden werden.

So entstand der Yellowstone National Park

Niemand glaubte dem Jäger John Colter Anfang des 19. Jahrhunderts, dass es eine Gegend gäbe, wo heißes Wasser aus der Erde schießt und es zischt und blubbert wie in der Hölle. 1872 hatte sich die Kunde von der Besonderheit der geothermischen Wunder des „Land of the Yellow Stone“ jedoch herumgesprochen und führte zur Gründung des einzigartigen Yellowstone National Park, dem ersten seiner Art. Zunächst hatte man damit nicht die Bewahrung der Natur im Sinn, sondern schuf das Schutzgebiet „als öffentlichen Park oder Vergnügungsstätte zum Nutzen und zur Freude der Bevölkerung“, wie es in der Gründungsurkunde heißt. Erst später wurden Naturschutz und Bildung als primäre Ziele der Schaffung von Nationalparks in den USA eingeführt.In den Parks werden vor allem biologische, geologische oder kulturelle Ressourcen unter Schutz gestellt; eine kommerzielle Nutzung im größeren Stilistnicht erlaubt. So auch im Yellowstone National Park. Dennoch stellt das Zusammenspiel zwischen Mensch und Ökosystem zuweilen eine große Herausforderung dar - auch weil Tiere nicht wissen, wo die Grenzen des Schutzgebiets liegen.

Blick auf einen grasenden Bison im Yellowstone National Park
Der Bison ist friedlich, solange man ihm beim Wandern im Yellowstone National Park nicht zu Nahe kommt

Streitthema im Yellowstone National Park: Was haben die Farmer gegen die Bisons?

Der Bison ist das lebende Wahrzeichen des Yellowstone National Park, steht dort unter Schutz und stellt eine der Haupttouristenattraktionen dar. Wenn der Winter ins Land zieht, bewegen sich die rund 5.000 Bisons, die im Park leben, auf Nahrungssuche in Richtung Norden. Außerhalb des Schutzgebiets sind sie jedoch nicht gern gesehen. In den Augen angrenzender Farmer stellen die bis zu 1.000 kg schweren Kolosse eine Gefahr dar, könnten sie doch die Infektionskrankheit Brucellose auf Rinder übertragen. Daher werden sie außerhalb des Parks zurückgedrängt oder auch erschossen. Das ist traurig. Was gut ist: Seit das Thema mehr in den Fokus der Medien gerückt ist, ist die Zahl der von Farmern getöteten Bisons stark zurückgegangen.

Der Wunsch der Farmer, ihre Rinder zu schützen, ist auch nachvollziehbar. Ebenso kann ich die Anwohner verstehen, die nicht so gut auf die Bisons zu sprechen sind: Wenn ich ein Häuschen hätte, sagen wir 10 km nördlich vom Yellowstone National Park entfernt, und hin und wieder tauchte ein Bison in meinem Vorgarten auf, wäre mir das wahrscheinlich auch nicht recht. Die Konfliktparteien suchen jedoch nach Lösungen. Umweltorganisationen wie dasAmerican Prairie Reservekaufen aktuell sehr viel Land zwischen dem Yellowstone National Park und der Kanadischen Grenze auf und versuchen gemeinsam mit Farmern und Anwohnern weitere Schutzräume und –korridore für Bisons und andere Wildtiere einzurichten.

Blick auf die Grand Prismatic Spring im Yellowstone National Park
Beim Wandern im Yellowstone National Park trifft man auf echte Naturschönheiten wie die Grand Prismatic Spring

Segen und Fluch: Tourismus im Yellowstone National Park

Tourismus ist ein weiterer Faktor, der das fragile Ökosystem bedroht. Neben dem Gewinn für die Besucher stellt er eine wichtige Einnahmequelle dar, die dem Erhalt des Yellowstone National Park dient. Dessen Ausmaß wird jedochvon Umweltschützernsehr kritisch gesehen. Über vier Millionen Menschen besuchen den Park jährlich. Die meisten von ihnen scharren sich um die touristischen Hotspots wie um die berühmtesten der heißen Quellen und Geysire sowie rund um den Grand Canyon of the Yellowstone. Zu viele Menschen hinterlassen Müll, treten abseits der Wege auf die empfindliche Erdkruste und stören die Tier- und Pflanzenwelt. Insbesondere der Wintertourismus ist ein Problem für die Umwelt. Schneemobile verschmutzen die Luft und stören die Ruhe der Wildtiere. Deswegen sind sie nur noch in limitierter Anzahl zugelassen. Ob das ausreicht, ist jedoch umstritten.

Für Besucher ist leicht nachzuvollziehen, dass das das Ausmaß der Touristen den Park überfordern kann. Beispielsweise wenn man wie ich die Hauptattraktion des Parks, den Geysir „Old Faithful“, an einem gewöhnlichen Montagmorgen aufsucht. Menschen, soweit das Auge reicht – das Oktoberfest in München ist nichts dagegen. Vielleicht kann es der ein oder die andere nachvollziehen: Neben den belastenden Auswirkungen von Massentourismus auf die Umwelt nehmen mir zu viele Menschen meist die Freude an touristischen Highlights, mögen sie auch noch so interessant sein. Und richtig, das mag eine überhebliche Haltung sein, aber mir gefällt Natur eben besser, wenn sie einsamer daher kommt.

Sicht auf den Fawn Pass Trail im Yellowstone National Park
Hier ist es auf jeden Fall einsam: Auf dem Fawn Pass Trail im Yellowstone National Park

Wandern im Yellowstone National Park -- richtig schön einsam!

Wer im Yellowstone National Park wandern gehen möchte, kann aus unzähligen Möglichkeiten wählen. Auch die typischen Sehenswürdigkeiten könnt Ihr auf euren Wanderungen einbauen – und das ganz ohne Menschenmassen. Denn das Vorkommen an rauchenden Erdlöchern und heißen Quellen ist vielfältig, daher ist man nicht auf den Altkanzler unter den Geysiren, den "Old Faithful",  angewiesen. Ich persönlich hatte aber bald genug von dampfenden Erdlöchern, die hauptsächlich in der Parkmitte anzutreffen sind. Mir hat es beim Wandern besonders der weniger überlaufene Nordteil des Yellowstone National Park in Roosevelt Country angetan. Hier zeigt Wyoming, was es zu bieten hat: Weite Graslandschaften mit runden Hügeln bestimmen die Gegend und jede Sekunde könnte ein Cowboy auf einem Mustang vorbeigeritten kommen. Dort tummeln sich unzählige Tiere: Bisons, Gabelböcke, Bären, Wölfe und viele kleinere Geschöpfe gibt es zu entdecken. Weil das so ist und die Straße direkt an der Landschaft vorbeiführt, sind auch hier Touristen unterwegs, die morgens und abends in der Dämmerung die Haltebuchten beziehen, um mit riesigen Teleskopen bewaffnet nach "Wildlife" Ausschau zu halten. Noch weniger Menschen und profunder Einsamkeit sowie den kaum fassbaren Ausmaßen dieser Landschaft begegnet Ihr auf morgendlichen Wanderungen ins Hinterland. Wer von Euch die unbekannteren Ecken des Yellowstone National Park kennenlernen möchte, dem kann ich nur eine Wanderung ins Lamar Valley empfehlen. Hier sind die Chancen, auf Wölfe und Co. zu stoßen, am größten.Zu Fuß den Yellowstone National Park zu erkunden und vielleicht noch auf einem der Wildcampingplätze zu übernachten, hält übrigens auch den ökologischen Fußabdruck gering – sofern man alles an seinem Platz lässt, auf den Wegen bleibt und seinen Müll wieder mitnimmt. Und es ist die beste Möglichkeit, um mit dem Park eine tiefe und dauerhafte Beziehung einzugehen. Vielleicht geht es Euch dann am Ende wie mir und ihr wollt immer wieder kommen.
Grafik eines Kastens mit Zahlen und Fakten zum Yellowstone National Park
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