Ich weiß noch genau, wo ich das erste Mal persönlich mit dem Thema Waldbrand zu tun hatte. Das war auf meiner allerersten Wanderung für das Buch „Wandern in den Rocky Mountains“ im Grand Teton National Park. Der Glade Creek Trail führte mich und meine Wanderbegleitung tief ins Hinterland dieses schönen Parks. Außer uns war an diesem sonnigen Tag im Juli niemand unterwegs, außer vielen Mücken und vermutlich einigen Bären, von denen wir allerdings nur die Spuren sahen; aufregend genug für' s Erste. Wir wanderten für eine geraume Zeit durch verbrannten Wald, den ich dieser ausgeprägten Form so vorher nie gesehen hatte. Hier waren noch immer die verheerende Ausmaße des Huck Fires zu beobachten, die derzeit größte Feuersbrunst der Geschichte der westlichen USA, die 1988 im gesamten größeren Yellowstone-Ökosystem viel Vegetation vernichtet hat. Obwohl schon über 20 Jahre alt, reichten uns die aufgeforsteten Bäume bis kaum über die Schulter. Eine skurrile Atmosphäre herrschte dort, tote schwarze Bäume, die entweder zerstört in den Himmel zeigten oder als gefallene Stämme herumlagen. Einsam war es da draußen und alles was wir hörten, war der Wind, der das tote Holz zum Singen brachte.
Waldbrände
gehören grundsätzlich zum natürlichen Ökozyklus in den Wäldern der USA. Sie
verbrennen das Unterholz sowie tote Bäume und schaffen damit Platz für neues
Wachstum. Man versucht sie zu
kontrollieren, damit sie sich nicht zu sehr ausbreiten können. Häufig genug lassen sich die Feuer nicht so kontrollieren wie gewünscht und
zu viel Wald wird vernichtet.
Die Bodenbrände beginnen meist während Trockenperioden. Sie können am Anfang noch vergleichsweise leicht gelöscht werden, sich aber durch Unterholz und trockene Vegetation auch schnell ausbreiten. Als Lauffeuer kann der Brand dann auch auf Stämme überspringen. Daraus können sich Vollfeuer entwickeln, die die Bodenvegetation, Stämme und Kronen erfassen und die sich rasant ausbreiten, auch breite Straßen und Wege überspringen können. Unter den klimatischen Bedingungen weiter Teile Mitteleuropas bricht ein solcher Vollbrand zusammen, wenn das ihn stützende Bodenfeuer niedergekämpft werden kann. Enthält die Vegetation anderer Klimazonen wie beispielsweise im Westen der USA weniger Feuchtigkeit, ist ein Vollbrand sehr schwer zu löschen und gerät außer Kontrolle. Für die Feuerwehr bedeutet das zumeist, dass sie das Feuer ohne Unterstützung aus der Luft nicht mehr eindämmen kann.
Die Waldbrände in den USA (und auch anderswo) nehmen an Umfang sowie Schwere und damit Vernichtungspotential zu, was insbesondere dieses Jahr 2020 deutlich macht. So sind in Oregon beispielsweise in einer Woche eine Million Hektar Land verbrannt, das ist soviel wie in den gesamten zehn Jahren zuvor. Und was wir bereits angenommen haben, kann jetzt bewiesen werden: Es gibt aktuell erste Belege dafür, dass die erhöhte Waldbrandfrequenz in Nordamerika zwischen den Jahren 1984 und 2015 auf den anthropogenen Klimawandel zurückgeführt werden kann. Laut einer Studie von Park Williams,im Jahr 2016 in den „Proceedings“ der US-amerikanischen nationalen Wissenschaftsakademie veröffentlicht,war die Fläche des von Waldbränden bedrohten Gebietes in den USA im Jahr 2015 zweimal größer als sie es ohne Klimawandel gewesen wäre, errechneten Wissenschaftler in einem Modellversuch. Das Ergebnis beruht auf der Annahme, dass der Klimawandel die einzige veränderliche Größe ist. Wie viel Brennstoff vorhanden ist, wie oft Feuer entzündet werden und wie gut Brände bekämpft werden können, wurde in beiden Szenarien mit den gleichen Werten eingerechnet.
Die wachsende Intensität der Brände liegt also einerseits am Klimawandel; die eh schon trockenen Sommer werden immer heißer sowie länger und lassen die Vegetation komplett austrocknen. Andererseits bemängeln Kritiker ein unzureichendes Forstmanagement, das zu wenig gegen die große Dichte der Wälder unternimmt. Wer von Euch also im Westen der USA wandert, wird unweigerlich auf verbrannte Areale treffen, die öde und trostlos aussehen, manchmal aber auch eine ganz eigene, skurrile Schönheit haben können.
Gewitter treten in den Bergen und Wälder des Westens der USA im Sommer häufig auf; ihre Blitze sind der Auslöser für viele Waldbrände. Aber der Mensch ist der größere Verursacher: Ein unachtsamer Umgang mit Campingfeuer, brennende Zigaretten, die in die Natur geworfen werden oder gar Brandstiftung können ausgedörrtes Buschwerk im Handumdrehen entzünden. Oftmals hat man mögliche Ursachen vielleicht gar nicht im Blick: Wenn die Streuschicht am Waldboden durchgetrocknet ist, kann es beispielsweise schon ausreichen, ein Auto mit heißem Motor abzustellen. Vor allem die harzhaltige Streu von Nadelbäumen fängt sehr leicht Feuer und brennt stark.
Alle Rechte vorbehalten | One Step Beyond / Dagmar Grutzeck