Mit schmerzenden Füßen und höllischem Durst stehe ich abends um halb neun Uhr Ortszeit am Mietwagenschalter in San Francisco. Ich kann kaum noch aus den Augen sehen, so müde bin ich nach meiner Langstrecke aus Deutschland. Das letzte überhaupt noch verfügbare Auto der Kategorie SUV ist ein knallroter Jeep Wrangler. Und ich könnte für einen Aufpreis noch ein Downgrade (!) erhalten. Nein danke, passt schon. Ob mir das so passiert wäre, wenn ich nicht als Frau allein wandern gehen wollte? Solche Fragen versuche ich, erst gar nicht aufkommen zu lassen. Ziemlich zufrieden mit meinem Auto fahre ich am nächsten Tag in Richtung Utah, um dort einige Tage im Hinterland des Grand Staircase Escalante für Buch Nummer drei zu wandern. Dafür sollte sich der Jeep – mit breiten Reifen und einer hohen Bodenfreiheit ausgestattet - perfekt eignen. Zwei Tage später in Utah angekommen biege ich vollgetankt und mit genügend Verpflegung ausgestattet in die nicht geteerte, äußerst holprige Hole-in-the-Rock Road ein. Wer die Straße kennt, weiß, dass eine Fahrt auf der 50 Meilen langen Straße kein wirklicher Spaß ist. Seine Dritten sollte man auf jeden Fall vorher gut befestigt haben.
Rund 20 Meilen und anderthalb Stunden Gerüttel später sowie kurz vor dem Dunkelwerden blinkt es auf einmal unübersehbar vor meinen Augen: Mein rechter Vorderreifen hat zu wenig Luft, so sagt es die Digitalanzeige. Mein fachmännischer Blick auf den Reifen kann dies nur bestätigen, hat er sich doch bereits ziemlich abgesenkt. Immerhin bin ich fast am Trailhead angekommen, von dem aus die morgige Tour startet und wo ich auch mein Zelt aufschlagen will. Weit und breit kein anderes Auto in Sicht. Keine ideale Situation für allein reisende Frauen, oder? Etwas ratlos und ziemlich beunruhigt beschließe ich erst einmal, mein Zelt aufzuschlagen. Schließlich würde sich an der Situation so schnell nichts ändern, weil ich keine Autoreifen wechseln kann. Zumindest nicht allein. Aber ich bin voller Hoffnung, dass sich das Problem morgen lösen und sich jemand finden wird, der mir helfen kann.
Am nächsten Tag wandere ich wie geplant zur Golden Cathedral, eine sehr beeindruckende Tour. Sie führt in ein weites Geflecht aus gigantischen Canyons und hat ein spektakuläres Ziel. Angesichts der grandiosen Natur habe ich mein Problem mit dem Reifen erst einmal verdrängt. In der Golden Cathedral angekommen setze ich mich auf einen Stein und mache Mittagspause. Das Licht scheint durch diverse Löcher in der Kuppel über mir und malt wilde Schatten an die Wand. Ich genieße die Ruhe – einer der Vorteile, wenn man allein als Frau wandern geht. Als Mann natürlich auch. Auf einmal bekomme ich Gesellschaft. Zwei Männer, die sich als Gene und Mike vorstellen, entern die Golden Cathedral und setzen sich auf die Steine neben mir. Wir kommen ins Gespräch und ich erzähle von meiner Misere mit dem Reifen.
Was hier in den USA wirklich toll ist und häufig vorkommt: Die beiden bieten mir sofort ihre Hilfe an. Zusammen bewältigen wir zunächst den steilen Rückweg. Oben angekommen nehmen sich meine Wandergefährten des platten Reifens an. Zwei weitere Männer, dem Outfit nach Jäger, stehen um den Tatort herum und geben kluge Tipps. Ich schaue zu und halte meine Klappe. Innerhalb von 20 Minuten ist der Reifen gewechselt. Ich bin unglaublich erleichtert und biete meinen beiden Helfern an, sie heute Abend in dem kleinen Städtchen Escalante auf ein Bier einzuladen. Was hier in den USA nicht so toll ist und häufig vorkommt: Die beiden schauen mich an, als hätte ich ihnen ein unmoralisches Angebot gemacht. Einer fragt betont beiläufig, ob ich denn liiert oder Single sei. Ich bin irritiert und bereue meine Einladung. Später zurück in Escalante bleibe ich in meinem Hotelzimmer und gehe lieber nicht mehr aus. Ich habe zwar keine Angst, dennoch bleibt ein mulmiges Gefühl, ich möchte Gene und Mike eigentlich nicht mehr über den Weg laufen. Aber immerhin kann ich nun weiterfahren.
Alleine reisen als Frau
– für viele nicht vorstellbar. Zugeben, ich erlebe dann die skurrilsten Sachen. Gerate ich
manchmal auch in heikle Situationen und trete unvorbereitet in Fettnäpfchen? Na
klar, das kommt vor, ist aber meist nicht so schlimm! Grundsätzlich wichtig für Euch als allein reisende Frauen ist aus meiner Sicht folgendes:
2. Nehmt Hilfe an!
3. Vorsicht, wenn Ihr als alleinreisende Frau eingeladen werdet: Schaut Euch die Leute genau an
4. Vermeidet Missverständnisse und bleibt lieber distanzierter, wenn Ihr Euer Gegenüber nicht einschätzen könnt
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