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Allein als Frau unterwegs: Pannenmisere in Österreich

  • von Dagmar Grutzeck
  • 02 Nov., 2021
Sicht auf die Autorin Dagmar Grutzeck auf dem Leopoldsberg mit Blick auf Wien und die Donau.
Auf Reisen passieren oftmals unerwartete Dinge

Außer in den USA bin ich viel in Österreich  unterwegs. Unser bekannter und vertrauter Nachbar? Ja schon, dennoch treffe ich auch hier immer wieder auf jede Menge unvertraute Verhaltensweisen – diesmal habe ich in Österreich ausschließlich gute Erfahrungen mit tollen Menschen in schwierigen Situationen gemacht. Übrigens auch mit diversen Bewohnern von Mittenwald in Bayern, die alle bereit waren, mir wieder „auf die Straße“ zu helfen.

Von Hamburg unterwegs nach Mittenwald

Blöde Sachen passieren einem durchaus auch manchmal selbstverschuldet – zumindest teilweise. Und wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen oder mit anderen Worten: Woher bekomme ich sonst auch den Stoff her, über den ich in dieser Rubrik schreibe? Aber von vorn: Wir schreiben das Jahr 2021 und die Corona-Pandemie fordert überall ihren Tribut. Alles ist plötzlich sehr teuer, so auch das Auto, das ich für meine fünfwöchige Reise nach Bayern und Österreich mieten wollte. Der Preis sollte dreimal so hoch wie letztes Jahr sein. „Das Geld kann ich sparen“, dachte ich bei mir. Immerhin habe ich ein Auto, allerdings ein sehr betagtes. Aber mein BMW 1802 fuhr mich ohne zu mucken die rund 950 km von Hamburg nach Mittenwald. Immerhin hatte „der Dicke“, wie ich ihn liebevoll zu nennen pflege, gerade für viel Geld eine neue Benzinpumpe und eine neue Lichtmaschine bekommen.

Blick auf das Karwendelgebirge vom Wörnersattel aus.
So schön ist Mittenwald: Hier der Blick auf das Karwendelgebirge vom Wörnersattel aus

Der BMW und ich in Mittenwald

Bei strahlendem Wetter beziehe  ich mein Quartier in Mittenwald und will anschließend noch einmal zum Tanken fahren. Der BMW springt an, röhrt wie gewohnt kraftvoll und bleibt 300 m weiter auf der Zufahrtsstraße zur Bundesstraße mit einem leisen „pff“ einfach stehen. Während ich noch überlege, was jetzt zu tun ist, ist es plötzlich, als wäre ich in einem Film: Aus der benachbarten Kaserne kommt ein Marschlieder singender Trupp Gebirgsjäger in voller Montur angetrabt. Sie sehen mich ich und mein Auto auf der Straße stehen und laufen direkt auf mich zu, um das Auto von der Straße zu schieben. Einer von ihnen bietet an, mich zur Tankstelle zu fahren obwohl ich sicher bin, dass es nicht am mangelnden Benzin liegt.  Nun, leider sollte ich Recht behalten, das Auto rührt sich nicht trotz aufgefülltem Benzintank. In dem Moment war ich nur froh, noch im Vorwege eine ADAC-Mitgliedschaft plus abgeschlossen zu haben.

Blick auf die Osttiroler Alpen von der Niliushütte aus, rechts befindet sich der Groß-Venediger.
Blick auf die Osttiroler Alpen von der Niliushütte bei Virgen

Der ADAC versucht zu helfen

Am nächsten Tag kommt der ADAC in Gestalt des Straßenwärters Ralph. In schönstem Oberbayerisch erklärt er mir, was seiner Meinung nach das Problem sei. Ich verstehe immer nur Benzinpumpe und mache ihm klar, dass ich ja gerade erst eine neue bekommen hätte. Schon mal gut: Er bringt das Auto zum Laufen und wir fahren gemeinsam in die nächste freie Werkstatt. Vielleicht liegt es am Benzinfilter? Sonst können sie dort auf den ersten Blick nichts entdecken, tauschen den Filter aus und lassen mich ein bisschen um den Block fahren. „Der Dicke“ fährt wie eine Eins. Fröhlich winkend, glücklich, so billig davon gekommen zu sein, fahre ich zurück zu meinem Quartier, um meine Wandersachen zu holen und dann zum Wanderparkplatz zu fahren. Gesagt, getan. Als ich erneut auf dem Weg zur Bundesstraße bin, macht mein unzuverlässiger Gefährte wieder „pff“ und stellt boshafterweise an der gleichen Stelle wie am Vortag seine Dienste ein. Diesmal komen keine Soldaten und uns beiden bleibt nur der Schlepper. Das Auto kommt in die Werkstatt und ich bekomme vom ADAC für eine Woche einen Mietwagen gestellt. Einen Opel Insignia, vielleicht kennt ihn einer von Euch? Eine Riesenschüssel, gefühlt fünf Meter breit und sieben Meter lang. Echt jetzt? Damit weiter in die Berge? Aber angeblich gab es kein anderes Fahrzeug. Aber gut, besser als gar kein Auto.

Was passierte in Osttirol?

Der Opel und ich schaukelen also gemütlich in Richtung Osttirol, meinem nächsten Reiseziel. Am Freitagabend komme ich in Virgen an, einem kleinen Ort in den Bergen. Ich fahre durch die engen Straßen zu meiner Unterkunft. Auf einmal höre ich ein kräftiges „plopp“; ich konnte jedoch nicht lokalisieren, von wo das Geräusch herkam. Aber Ihr ahnt es vermutlich schon? Als ich die Unterkunft erreiche, bemerkte ich meinen platten Vorderreifen. Komplett platt. Oh man. Ich brauche nicht zu erwähnen, dass ich mich erst viele Telefonate, nette Menschen, die mich von A nach B fuhren, neue Unterkünfte, weil ich länger bleiben musste, lustige Tramperlebnisse, kompetente Reifenfachleute etc. später auf den Weg machen konnte in Richtung Kärnten mit meinem Opel und einem neuen, heilen Reifen.

Blick auf die Nockbergeim Dreiländereck Kärnten, Salzburg und der Steiermark.
Die karstigen Nockberge in Kärnten, Salzburg und der Steiermark vom Großen Königsstuhl

Die Pechsträhne ist noch nicht zu Ende

Nach erholsamen Tagen in Kärnten mit vielen schönen Wanderungen und gutem Essen neigt sich die Woche mit meinem Opel Insignia schließlich dem Ende zu. Es ist Donnerstag und ich will das Auto am Freitag in Wien abgeben. Da würde ich es nicht brauchen, weil ich Freunde besuchen würde. An diesem Donnerstag schüttet es wie aus Eimern. Nach jedem Tunnel, und derer gibt es viele hier, klatscht das Wasser nur so auf die Windschutzscheibe und nimmt mir für einige Sekunden komplett die Sicht – trotz Scheibenwischern. Am Abend will ich Station am idyllischen Almsee machen und um den See laufen. Ich erreiche den Almsee um halb fünf. Aussteigen oder gar wandern - Fehlanzeige! Alles ist matschig und immer noch regnet es ohne Unterlass. Ich beschließe, zu meiner Unterkunft in der Nähe zu fahren. Aus irgendeinem Grund, vielleicht wegen des Regens, leitet mich das Navi mich jedoch komplett in die Irre und ich befinde mich plötzlich auf einer schmalen Straße, die von Bauernhöfen gesäumt ist. Auf einmal höre ich das nunmehr vertraute, kräftige „plopp“, das ungute Gefühle in mir hervorruft.
Blick auf den Almsee in Oberösterreich.
Der Almsee in Oberösterreich bei gutem Wetter

Kein Witz, ich habe schon wieder einen Platten. Wieder vorne rechts, betroffen ist der neue Reifen. Mitten in der Pampa bei strömendem Regen. Ich könnte heulen. Ernsthaft. Aber das hilft mir jetzt auch nicht weiter. Diesmal rufe ich die Sixt Assistence an. Man verspricht, mir einen Schlepper zu schicken und einen neuen Mietwagen für die Fahrt nach Wien bereitzustellen: In Linz, was noch eine Autostunde vom Ort meiner erneuten Niederlage entfernt ist. Das dritte Ein-Mann-Taxi-Unternehmen erklärt sich bereit, mich für einen Fixpreis von 140,00 EUR nach Linz zu fahren. Der Mann ist um die 75 Jahre alt und bringt gleich seine Frau mit; sie ist eifersüchtig und streitet mit ihm, während wir in Weltuntergangstimmung um halb neun Uhr abends auf die Autobahn fahren. Egal, hauptsache vorwärts.

Blick auf den Kleintransporter der Firma Sixt.
Das Ersatzauto von Sixt: ein Kleintransporter
Im Industriegebiet von Linz befindet sich die Autovermietung, einer junger Mann empfängt mich: „Sie sehen ja fertig aus, ich mache Ihnen erst einmal einen Kaffee“. Nun ja, ich BIN fertig. Danach bekomme ich meinen Mietwagen: Es ist ein Kleintransporter, das einzige Auto, was noch frei ist. Mein Koffer muss mit einem Gurt auf der geräumigen Ladefläche festgeschnallt werden. Hier treibt doch jemand einen üblen Schabernack mit mir. Ich steige hoch in die Fahrerkabine: Die Pedalen scheinen meterweit auseinanderzuliegen und die Handbremse ist auch mit den Füßen zu bedienen. „Ich habe kein gutes Gefühlt bei der Sache“, sagt der junge Mann und schaut mir besorgt zu während ich ungeschickt am Equipment herumnestele. „Ich auch nicht“, stimme ich ihm zu, den Tränen nahe. Er hat Erbarmen und zaubert doch noch einen kleinen Mini für mich aus dem Ärmel: „Dieses Auto passt doch viel besser zu Ihnen.“ Ja, ich weiß, warum nicht gleich so! Ich steuere das nächste Hotel an und fahre den Mini am nächsten Tag ohne weitere Vorkommnisse nach Wien. Erleichtert umarme ich meine Wiener Freundin, die die ganze Geschichte kaum glauben kann. Den Rest der Reise lasse ich mich nur noch fahren, entweder von netten Menschen oder aber vom Fahrer eines Flixbus.

Wer übrigens Lust hat, noch mehr von meinen Erlebnissen als alleinreisende Frau zu lesen, dem Empfehle ich den Beitrag zu meiner Fahrt mit dem Jeep auf den Dirt Roads des Grand Staircase Escalante im Westen der USA.
Kasten mit sechs Tipps für alleinreisende Frauen zur Bewältigung von Transportproblemen.
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