Außer in den USA bin ich viel in Österreich unterwegs. Unser bekannter und vertrauter Nachbar? Ja schon, dennoch treffe ich auch hier immer wieder auf jede Menge unvertraute Verhaltensweisen – diesmal habe ich in Österreich ausschließlich gute Erfahrungen mit tollen Menschen in schwierigen Situationen gemacht. Übrigens auch mit diversen Bewohnern von Mittenwald in Bayern, die alle bereit waren, mir wieder „auf die Straße“ zu helfen.
Blöde Sachen passieren einem durchaus auch manchmal selbstverschuldet – zumindest teilweise. Und wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen oder mit anderen Worten: Woher bekomme ich sonst auch den Stoff her, über den ich in dieser Rubrik schreibe? Aber von vorn: Wir schreiben das Jahr 2021 und die Corona-Pandemie fordert überall ihren Tribut. Alles ist plötzlich sehr teuer, so auch das Auto, das ich für meine fünfwöchige Reise nach Bayern und Österreich mieten wollte. Der Preis sollte dreimal so hoch wie letztes Jahr sein. „Das Geld kann ich sparen“, dachte ich bei mir. Immerhin habe ich ein Auto, allerdings ein sehr betagtes. Aber mein BMW 1802 fuhr mich ohne zu mucken die rund 950 km von Hamburg nach Mittenwald. Immerhin hatte „der Dicke“, wie ich ihn liebevoll zu nennen pflege, gerade für viel Geld eine neue Benzinpumpe und eine neue Lichtmaschine bekommen.
Bei strahlendem Wetter beziehe ich mein Quartier in Mittenwald und will anschließend noch einmal zum Tanken fahren. Der BMW springt an, röhrt wie gewohnt kraftvoll und bleibt 300 m weiter auf der Zufahrtsstraße zur Bundesstraße mit einem leisen „pff“ einfach stehen. Während ich noch überlege, was jetzt zu tun ist, ist es plötzlich, als wäre ich in einem Film: Aus der benachbarten Kaserne kommt ein Marschlieder singender Trupp Gebirgsjäger in voller Montur angetrabt. Sie sehen mich ich und mein Auto auf der Straße stehen und laufen direkt auf mich zu, um das Auto von der Straße zu schieben. Einer von ihnen bietet an, mich zur Tankstelle zu fahren obwohl ich sicher bin, dass es nicht am mangelnden Benzin liegt. Nun, leider sollte ich Recht behalten, das Auto rührt sich nicht trotz aufgefülltem Benzintank. In dem Moment war ich nur froh, noch im Vorwege eine ADAC-Mitgliedschaft plus abgeschlossen zu haben.
Am nächsten Tag kommt der ADAC in Gestalt des Straßenwärters Ralph. In schönstem Oberbayerisch erklärt er mir, was seiner Meinung nach das Problem sei. Ich verstehe immer nur Benzinpumpe und mache ihm klar, dass ich ja gerade erst eine neue bekommen hätte. Schon mal gut: Er bringt das Auto zum Laufen und wir fahren gemeinsam in die nächste freie Werkstatt. Vielleicht liegt es am Benzinfilter? Sonst können sie dort auf den ersten Blick nichts entdecken, tauschen den Filter aus und lassen mich ein bisschen um den Block fahren. „Der Dicke“ fährt wie eine Eins. Fröhlich winkend, glücklich, so billig davon gekommen zu sein, fahre ich zurück zu meinem Quartier, um meine Wandersachen zu holen und dann zum Wanderparkplatz zu fahren. Gesagt, getan. Als ich erneut auf dem Weg zur Bundesstraße bin, macht mein unzuverlässiger Gefährte wieder „pff“ und stellt boshafterweise an der gleichen Stelle wie am Vortag seine Dienste ein. Diesmal komen keine Soldaten und uns beiden bleibt nur der Schlepper. Das Auto kommt in die Werkstatt und ich bekomme vom ADAC für eine Woche einen Mietwagen gestellt. Einen Opel Insignia, vielleicht kennt ihn einer von Euch? Eine Riesenschüssel, gefühlt fünf Meter breit und sieben Meter lang. Echt jetzt? Damit weiter in die Berge? Aber angeblich gab es kein anderes Fahrzeug. Aber gut, besser als gar kein Auto.
Der Opel und ich schaukelen also gemütlich in Richtung Osttirol, meinem nächsten Reiseziel. Am Freitagabend komme ich in Virgen an, einem kleinen Ort in den Bergen. Ich fahre durch die engen Straßen zu meiner Unterkunft. Auf einmal höre ich ein kräftiges „plopp“; ich konnte jedoch nicht lokalisieren, von wo das Geräusch herkam. Aber Ihr ahnt es vermutlich schon? Als ich die Unterkunft erreiche, bemerkte ich meinen platten Vorderreifen. Komplett platt. Oh man. Ich brauche nicht zu erwähnen, dass ich mich erst viele Telefonate, nette Menschen, die mich von A nach B fuhren, neue Unterkünfte, weil ich länger bleiben musste, lustige Tramperlebnisse, kompetente Reifenfachleute etc. später auf den Weg machen konnte in Richtung Kärnten mit meinem Opel und einem neuen, heilen Reifen.
Kein
Witz, ich habe schon wieder einen Platten. Wieder vorne rechts, betroffen ist
der neue Reifen. Mitten in der Pampa bei strömendem Regen. Ich könnte heulen.
Ernsthaft. Aber das hilft mir jetzt auch nicht weiter. Diesmal rufe ich die
Sixt Assistence an. Man verspricht, mir einen Schlepper zu schicken und einen neuen
Mietwagen für die Fahrt nach Wien bereitzustellen: In Linz, was noch eine
Autostunde vom Ort meiner erneuten Niederlage entfernt ist. Das dritte Ein-Mann-Taxi-Unternehmen erklärt sich bereit, mich für einen Fixpreis von
140,00 EUR nach Linz zu fahren. Der Mann ist um die 75 Jahre alt und bringt
gleich seine Frau mit; sie ist eifersüchtig und streitet mit ihm, während wir
in Weltuntergangstimmung um halb neun Uhr abends auf die Autobahn fahren. Egal, hauptsache vorwärts.
Alle Rechte vorbehalten | One Step Beyond / Dagmar Grutzeck