Wenn ich an Kalifornien denke, fange ich an zu träumen. Es ist sicherlich für einige von Euch keine Überraschung, wenn ich erzähle, dass weiße Strände und aufregende Großstädte dabei nicht diejenigen sind, an die ich dabei denke. Wenn ich an Kalifornien denke, träume ich vielmehr von ihr: der besonderen, märchenhaften Sierra Nevada mit ihren schiefergrauen Gipfeln, türkisblauen Seen und den für die Gegend so typischen Kiefern. Der Sequoia National Park ist ein gutes Beispiel für diese besondere Landschaft: Der Park in der westlichen Sierra Nevada ist zwar oft brechend voll, was vor allem an den riesigen Mammutbäumen liegt, für die er berühmt ist. Aber auch hier findet man Ruhe und relative Einsamkeit in einer zauberhaften Natur – wenn man nur weiß, wo. Das Mineral King Valley zum Beispielistso ein abgelegener, nahezu verwunschener Ort. Das Tal liegt auf rund 2.400 m Höhe im Sequoia National Park und ist eine märchenhafte Gegend: eine Gegend, in der man nur glücklich sein kann, sogar wenn es regnet – was allerdings nicht sehr häufig vorkommt. Der Zugang zum Mineral King Valley ist umständlich und zeitaufwändig, deswegen scheuen viele Menschen die Anfahrt. Ich hoffe sehr, dass dies so bleibt; möge die 20 Meilen kurvige Schotterstraße, die es zu überwinden gilt, niemals geteert werden. Dieser Beitrag aus der Rubrik „Hinter den Kulissen“ wirft einen Blick auf die Besonderheiten des Sequoia National Park und warum es sich für Euch lohnt, dort Station zu machen.
Teilnehmer einer Expedition stießen 1833 als erste weiße Amerikaner auf die „unglaublich großen Bäume“ im heutigen Sequoia National Park. Erst zwanzig Jahre später wurde die Entdeckung der Mammutbäume beachtet. Man begann sie zu fällen, Holzwirtschaft zu betreiben sowie zersägte Segmente zu Ausstellungszwecken zu verschicken. Seit der Nationalparkgründung 1890 stehen die Haine jedoch unter Schutz. Der Kings Canyon NP, anders als sein großer Bruder, beherbergt die tiefste Schlucht Nordamerikas. Seit 1848 werden beide Parks als Doppelpark verwaltet.
Zunächst hatte man mit der Gründung von National Parks nicht die Bewahrung der Natur im Sinn, sondern schuf das Schutzgebiet „als öffentlichen Park oder Vergnügungsstätte zum Nutzen und zur Freude der Bevölkerung“, wie es in der Gründungsurkunde des ersten Nationalparks, dem Yellowstone National Park, heißt. Erst später wurden Naturschutz und Bildung als primäre Ziele der Schaffung von derartigen Schutzgebieten in den USA eingeführt. In den Parks werden vor allem biologische, geologische oder kulturelle Ressourcen unter Schutz gestellt; eine kommerzielle Nutzung im größeren Stil ist nicht erlaubt. So auch im Sequoia National Park, wo Tourismus im begrenzten Maße erlaubt ist, jedoch keinerlei Abholzung oder Besiedlung.
Abgeschieden gelegen und infrastrukturell wenig erschlossen hat das Mineral King Valley im Sequoia National Park einen ganz besonderen Charme. Die Landschaft hier ist wie direkt aus einem Märchen importiert, man vermutet jede Minute, dass Hänsel oder Gretel aus einer der alten Blockhütten herauskommen könnten, auf die man hier allerorts trifft. Das sanfte Tal mit seinen grünen Wiesen und runden Hügeln umrahmt von vielfarbigen Berggipfeln konnte sich seine Ursprünglichkeit weitgehend bewahren, trotz früherer Versuche, es wirtschaftlich auszubeuten: 1871 wurde in Mineral King Gold entdeckt. Das zog in den folgenden Jahren viele Glücksritter an. Unter anderemJohn Crabtree, der einige Jahre im White Chief Canyon hauste und nach Edelmetallen schürfte. John Crabtree folgte der Legende nach einer Vision, in der ihm der Geist eines weißen Indianerhäuptlings erschien und ihn zu dem Canyon geleitete. Seine Hoffnung auf große Reichtümer scheiterte jedoch schnell.Der Canyon mit Wänden aus Granit und Kalkstein bildet den Lebensraum für viele Wildtiere – Edelmetalle fand er hier aber nicht in nennenswertem Umfang. Später wurde das versteckte Naturparadies noch einmal bedroht, als Walt Disney in den 1960er Jahren dort ein Skigebiet errichten wollte. Naturschützer konnten den Plan jedoch verhindern. 1978 wurde Mineral King Teil des Sequoia National Park.
Hier, in diesem eher abgeschiedenen Teil des Parks könnt Ihr ohne Massenbetrieb per pedes die zauberhafte Naturkulisse erkunden. Eine sehr schöne, relativ kurze Wanderung führt Euch von Silver City zum White Chief Canyon. Ihr habt dann noch genug Zeit, anschließend im Silver City Resort auf einer Terrasse im Wald selbstgemachten Pie mit zu Beeren genießen.
Alle Rechte vorbehalten | One Step Beyond / Dagmar Grutzeck